Welche Verhaltensmaßregeln vor einer Versammlung sind zu empfehlen (§§ 23 ff. VersG)?

Für die Zeit vor einer Versammlung und den Weg dorthin sind die folgenden Verhaltensmaßregeln zu beachten:

  1. Fordern Sie nicht dazu auf, an einer verbotenen oder aufgelösten Versammlung teilzunehmen, weil Sie sich sonst gemäß § 23 VersG strafbar machen.
  2. Führen Sie auf dem Weg zu einer öffentlichen Versammlung keine Waffen mit sich, weil Sie sich sonst gemäß § 27 I 2 VersG strafbar machen.
    1. Auf dem Weg zu einer nicht-öffentlichen Versammlung dürfen Sie dagegen Waffen mit sich führen (BayObLG, Beschluß vom 25.11.1994, Az. 4 St RR 154/94, zu finden in NStZ 1995, 242 f.).
    2. Auf dem Weg zu einer privaten Feier dürfen Sie ebenfalls Waffen mit sich führen (KG Eberswalde, Urteil vom 19.10.1993, Az. 1 Ds 25 Js 1486/92 und AG Eberswalde, Urteil vom 06.12.1993, Az. 1 Ds 25 Js 1485/92).
  3. Führen Sie auf dem Weg zu einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel keine Schutzwaffen mit sich, weil Sie sich sonst gemäß § 27 II Nr.1 VersG strafbar machen.

Auf dem Weg zu einer öffentlichen Versammlung in geschlossenen Räumen, einer nicht-öffentlichen Versammlung und einer privaten Feier dürfen Sie dagegen Schutzwaffen mit sich führen.

Schutzwaffen sind z.B. (Dietel/Gintzel, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 9. Auflage 1981, § 3 Rdnr. 10), – nehmen Sie diese nicht mit! –

  • Schutzschilde,
  • Helme,
  • Schutzmasken,
  • Schutzwaffen aus dem Bereich der Kampfsportarten,
  • Motorradhelme,
  • besondere Polsterungen,
  • besondere Schutzkleidung.

Schutzwaffen sind dagegen nicht, – diese dürfen Sie verwenden:

  • Schuhe mit Stahlkappen (OVG Bautzen, Beschluß vom 01.08.2002, Az. 3 BS 327/02),
  • eine Schwimmbrille, um besser gegen Sprühstöße aus einer CS-Gas-Flasche geschützt zu sein (LG Kiel, Urteil vom 16.05.2002, Az. 591 Js 39330/01).
  1. Vermummen Sie sich nicht auf dem Weg zu einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel, weil Sie sich sonst gemäß § 27 II Nr.2 VersG strafbar machen.
    1. Auf dem Weg zu einer öffentlichen Versammlung in geschlossenen Räumen, einer nicht-öffentlichen Versammlung und einer privaten Feier dagegen dürfen Sie sich vermummen.

    Sie vermummen sich z.B. wenn Sie (Dietel/Gintzel aaO, § 17a Rdnr. 20-22), – unterlassen Sie dies daher:
    1. das Gesicht mit einem Schal oder einer Wollmaske verhüllen,
    2. es mit Farbe unkenntlich anmalen,
    3. Blindheit vortäuschen,
    4. Gipsverbände anlegen.

    Sie vermummen sich dagegen nicht (Dietel/Gintzel aaO, § 17a, Rdnr. 21), dies ist daher erlaubt –, wenn Sie z.B.
    1. Kleidungsstücke der üblichen Art, z.B. Regenmäntel, anziehen,
    2. Ihre Haar- und Barttracht verändern,
    3. Ihr Gesicht mit den Händen bedecken.

  2. Nehmen Sie auf dem Weg zu einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel keine Vermummungsgegenstände mit, weil Sie sonst eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 29 I Nr.1a VersG begehen.
    1. Auf dem Weg zu einer öffentlichen Versammlung in geschlossenen Räumen, einer nicht-öffentlichen Versammlung und einer privaten Feier dürfen Sie dagegen Vermummungsgegenstände mit sich führen.

    Vermummungsgegenstände sind z.B. (Dietel/Gintzel aaO, § 29 Rdnr. 5), – nehmen Sie diese nicht mit:
    1. Masken,
    2. Kapuzen,
    3. Schminkutensilien,
    4. Farben.

  3. Tragen Sie auf dem Weg zu einer Versammlung niemals eine Uniform, weil Sie sich sonst gemäß § 28 VersG strafbar machen.

Die Rechtsprechung hat das Tragen einer Uniform bejaht, es ist also strafbar, – unterlassen Sie dies daher! –, wenn

  • eine Gruppe bei einer Demonstration dunkle oder schwarze Kleidung trug, also schwarze Lederjacken, schwarze Hosen, schwarze Schaftstiefel oder halbhohe Schnürstiefel, in deren Schaft die unteren Enden der Hosenbeine steckten, sowie schwarze, dunkle oder braune Hemden, Armbinden, Totenkopfembleme und Koppel (BVerfG, Beschluß vom 23.04.1982, Az. 1 BvR 1138/81, zu finden in NJW 1982, 1803),
  • eine Gruppe von Angehörigen der NPD und der DVU bei einer Demonstration dunkle Hosen, helle Hemden oder Pullover, und schwarz-weiß-rote Armbinden trug (OLG Köln, Urteil vom 30.08.1977, Az. Ss 447/77, zu finden in MDR 1978, 76),
  • neun Teilnehmer bei einer Demonstration zum Zeichen ihrer Verbundenheit mit der Arbeiterklasse dunkelblaue Hemden trugen, die mit aufgesetzten Brusttaschen und Schulterklappen versehen waren (BayObLG, Urteil vom 20.01.1987, Az. RReg 4 St 209/86, zu finden in NJW 1987, 1778 f. = NStZ 1987, 234 f.),
  • mehrere Teilnehmer an einer Gedenkveranstaltung für Oberst Rudel schwarze Hosen, feste Schuhe, beigefarbene Hemden und schwarze Krawatten trugen (AG Weißenburg, Urteil vom 26.10.1993, Az. 3 Cs 5 Js 1911/93).

Die Rechtsprechung hat es dagegen als erlaubt angesehen, wenn

  • Abgeordnete der FDP im Wahlkampf einen blau-gelb gefärbten Anorak trugen (Lt.OStA LG Konstanz, Vfg. vom 23.02.1984, Az. 11 Js 16/84, zu finden in MDR 1984, 692 f.).

 

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