Wann ist Wildes Plakatieren und Parolen-Sprühen strafbar – und wann nicht (§ 303 StGB)?

Wer ohne Genehmigung des jeweiligen Eigentümers auf fremde Hauswände, Telefonzellen, Verteilerkästen der Post usw. Plakate klebt, also „wild plakatiert“, oder Aufkleber befestigt oder Parolen sprüht, kann u.a. wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB bestraft werden.

Die Rechtslage war bis zum Jahre 1979 uneinheitlich und teilweise sehr streng, ist aber durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes großzügiger gestaltet worden. Nach jetziger Rechtsprechung liegt eine strafbare Sachbeschädigung nicht vor, wenn nur die äußere Erscheinungsform einer Sache verändert wird. Eine Sachbeschädigung liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Beseitigung dieser Veränderung entweder zu Schäden an der Sache, also z.B. am Lack oder am Farbanstrich, führt, oder wenn die Beseitigung der Plakate einen erheblichen Aufwand an Mühe, Zeit oder Kosten erfordert.

Die Rechtsprechung hat daher als strafbar angesehen, – unterlassen Sie daher derartige Handlungen:

  • das Überkleben eines Wahlplakates mit einem anderen Plakat (BGH, Urteil vom 19.08.1982, Az. 4 StR 387/82, zu finden in NStZ 82, 508 f.),
  • das Übersprühen einer bereits mit anderen Sprüchen beschmierten Wand mit einer weiteren Parole aus Lackfarbe, die nur mit erheblichem Aufwand beseitigt werden konnte (OLG Celle, Urteil vom 17.11.1980, Az. 2 Ss 239/80, zu finden in NStZ 1981, 223 f. und OLG Frankfurt/Main, Beschluß vom 21.04.1988, Az. 5 Ss 29/88),
  • das Überkleben eines Straßenschildes mit einem Aufkleber mit der Aufschrift „Rudolf-Hess-Platz“ (OLG Bremen, Beschluß vom 08.04.1994, Az. Ss 13/94),
  • das Besprühen einer Hausfassade mit Lackfarbe, die nur durch das Überstreichen der Hauswand zu einem Preis von 435,– DM beseitigt werden konnte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.03.1982, Az. 5 Ss 15/82 I, zu finden in NJW 1982, 1167),
  • das Besprühen eines Gebäudes mit Lackfarbe, die nur durch den Einsatz von Farblösungsmitteln, Wurzel- und Drahtbürsten sowie Sandstrahlgeräten beseitigt werden konnte (OLG Oldenburg, Urteil vom 23.08.1982, Az. 173/82, zu finden in NJW 1983, 57 f.),
  • das Besprühen einer Schaufensterscheibe mit Farbe, die nur durch einen zweieinhalbstündigen Arbeitseinsatz beseitigt werden konnte (LG Bremen, Urteil vom 03.06.1982, Az. 18 Ns 52 Js 16/81, zu finden in NJW 1983, 56 f.).

Die Rechtsprechung hat es sogar als strafbare Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 StGB angesehen, – unterlassen Sie daher derartige Handlungen:

  • die Abhaltung von Kameradschaftsabenden, bei denen Plakate und Aufkleber mit rechtsgerichtetem und ausländerkritischen Texten an die Teilnehmer zum Zwecke des wilden Plakatierens verteilt werden, wenn dabei wegen der politischen Stimmung eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht (BGH, Urteil vom 22.02.1995, Az. 3 StR 583/94, zu finden in NJW 1995, 2117 = NStZ 1995, 340 ff.).

Die Rechtsprechung hat dagegen als erlaubt angesehen

  • das Kleben eines Plakates auf Verteilerkästen der Post, wenn dabei weder die Substanz des Kastens noch seine Brauchbarkeit verletzt wird und die Beseitigung des Plakates keine großen Schwierigkeiten verursacht (BGH, Beschluß vom 13.11.1979, Az. 5 StR 166/79, zu finden in BGHSt 29, 129 = NJW1980, 350),
  • das Bekleben eines Abfallbehälters, einer Telefonzelle und eines Streugutkastens mit Aufklebern, die zwar nicht mit der Hand, aber mit Benzin oder Spülmittellösung abzulösen sind (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 11.03.1988, Az. 5 Ss 477/87,zu finden in NJW 1990, 2007 f.),
  • das Besprühen eines Gehweges mit Parolen aus Acrylfarbe, die zwar nicht mit Wasser, aber mit Lösungsmitteln entfernt werden konnten (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 21.07.1988, Az. 5 Ss 228/88, zu finden in NJW 1990, 2008),
  • das Bekleben eines Schaltkastens mit einem Plakat mit falschem bzw. fehlerhaftem Impressum, das ohne großen Aufwand beseitigt werden konnte (BayObLG, Beschluß vom 06.07.1984, Az. 3 Ob Owi 67/84, zu finden in NStZ 1984, 514 f.).

Selbst wenn keine Straftat vorliegt, kann durch „wildes Plakatieren“ eine Ordnungswidrigkeit gegeben sein, die mit Geldbuße geahndet wird. Wegen der verschiedenen Ausgestaltung dieser Bestimmungen in den einzelnen Bundesländern und Gemeinden müssen wir Sie bitten, sich bei den örtlich zuständigen Stellen, z.B. der Polizei oder dem Amt für öffentliche Ordnung, zu erkundigen, wie der Wortlaut der betreffenden Ordnungswidrigkeit lautet.

 

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