Welche Zeitungen und Zeitschriften darf ein Strafgefangener beziehen – und welche nicht (§ 68 StrVollzG)?
Der Strafgefangene hat gemäß § 68 I des Strafvollzugsgesetzes das Recht, Zeitungen und Zeitschriften an angemessenem Umfang durch Vermittlung des Gefängnisses zu beziehen.
Die folgenden Einschränkungen des Zeitungsbezuges sind jedoch möglich:
- Gemäß § 68 II 1 des Strafvollzugsgesetzes ist der Anstaltsleiter des Gefängnisses berechtigt, den Bezug von Zeitungen und Zeitschriften vollständig zu untersagen, wenn die Verbreitung der Zeitungen oder Zeitschriften
- strafbar ist
- oder eine Ordnungswidrigkeit darstellt.
- Gemäß § 68 II 2 des Strafvollzugsgesetzes ist der Anstaltsleiter außerdem berechtigt, einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften anzuhalten, wenn sie
- das Ziel des Vollzuges
- oder die Sicherheit oder Ordnung des Gefängnisses erheblich gefährden.
In der Rechtsprechung wurden die folgenden Zeitschriften insgesamt oder in Teilen als gefährdend im obigen Sinne angesehen – unterlassen Sie es daher, derartige Zeitschriften als Strafgefangener zu beziehen oder an Häftlinge zu senden:
- eine Zeitschrift, die verzerrte Darstellungen über Geschehnisse in deutschen Gefängnissen enthielt, Gefängniswärter verunglimpfte und Gefangene gegen die Anstaltsordnung aufwiegelte (OLG Hamm, Beschluß vom 17.03.1977, Az. 2 Ws 39/77, zu finden in Blätter für Strafvollzugsrecht 1977, 11 f.),
- eine Zeitschrift, die die deutschen Gefängnisse mit „KZs“ verglich, die Haft als Folter bezeichnete und die Justiz verunglimpfte (KG, Beschluß vom 27.10.1978, Az. 200 S 13/78 – 4 Ws 356/78, zu finden in NJW 1979, 175 f.),
- eine Zeitschrift, die das Gefängnis als “Knastapparat” mit “Bullenterror” bezeichnete und zum Hungerstreik und anderen Widerstandshandlungen der Gefangenen aufrief (OLG Hamm, Beschluß vom 19.11.1984, Az. 1 Vollz (WS)218/84, zu finden in NStZ 1985, 143),
- eine Zeitschrift, in der u.a. behauptet wurde, in den deutschen Gefängnissen würde die „Vernichtung der Identität des einzelnen Menschen bewußt in Kauf genommen“ (OLG Hamburg, Beschluß vom 10.08.1979, Az. Vollz (Ws) 13/79, zu finden in Zeitschrift für Strafvollzug 1980, 59 f. und 125 ff.),
- eine Zeitschrift, in der behauptet wurde, im Gefängnis gäbe es eine „stille Euthanasie“ und die Gefangenen würden „medizinisch nicht ausreichend versorgt“ (LG Traunstein, Beschluß vom 08.03.1984, Az. StVK 1186/83, zu finden in NStZ 1984, 431 f),
- eine Zeitung, die die weibliche oder männliche Prostitution und das Zuhälter- und Dirnenmilieu guthieß, sowie Anzeigen über sadomasochistische Kontakte enthielt (BVerfG, Beschluß vom 29.10.1975, Az. 2 BvR 812/73, zu finden in BVerfGE 40, 276 ff.),
- eine Zeitschrift, die sich in bejahender und werbender Form mit der Homosexualität befaßt und Bilder nackter Männer abdruckt (OLG Nürnberg, Beschluß vom 15.08.1983, Az. Ws 552/83, zu finden in NStZ 1983, 574 f.),
- eine Zeitschrift mit rechtsextremistischem Inhalt (BVerfG, Beschluß vom 29.06.1995, Az. 2 BvR 2631/94, zu finden in NStZ 1995, 613 f. und AG Dresden, Beschluß vom 04.07.1995, Az. 252 Ls 607 Js 5007/95),
- eine Zeitschrift, die sich gegen “Rassenmischung” aussprach (LG Freiburg, Beschluß vom 18.01.1994, Az. XIII StVK 43/93),
- eine Zeitschrift für “nationale Gefangene” mit rechtsextremistischem Inhalt (BVerfG, Beschluß vom 12.06.2003, Az. 2 BvR 758/03 und KG, Beschluß vom 27.01.1997, Az. 5 Ws 571/96 Vollz und LG Dresden, Beschluß vom 26.05.2003, Az. StVK 655/02).
In der Rechtsprechung wurden dagegen die folgenden Zeitschriften insgesamt oder in Teilen als nicht gefährdend im obigen Sinne angesehen – sie dürfen daher an Häftlinge gesandt werden:
- die Zeitschrift „Nation & Europa“ (LG Gera, Beschluß vom 18.06.2002, Az. StVK 547/01 Vollz),
- die Zeitschrift „Unabhängige Nachrichten“ (LG Neuruppin, Beschluß vom 23.03.2004, Az. 11 Ks 326 Js 29643/03 (20/03).