Welche Rechtsmittel gegen das Anhalten von Sendungen an Strafgefangene gibt es (§ 108 StrVollzG)?
Wenn der Anstaltsleiter zu Unrecht einen Brief, eine Zeitschrift oder ein Buch dem Strafgefangenen vorenthält, bestehen die folgenden Rechtsmittel:
- Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist das richtige Mittel gegen alle Rechtsverstöße. Sie ist bei dem Vorgesetzten der Beamten einzulegen, die die Hausdurchsuchung vorgenommen haben. Eine Frist ist hier nicht einzuhalten. Kosten entstehen nicht.
- Die Beschwerde beim Anstaltsleiter der Justizvollzugsanstalt gemäß § 108 des Strafvollzugsgesetzes ist das richtige Mittel gegen alle Rechtsverstöße, die in der Haftanstalt geschehen. Eine Frist ist hier nicht einzuhalten. Kosten entstehen nicht.
- Der Widerspruch ist das richtige Rechtsmittel gegen alle Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiete des Strafvollzuges gemäß § 109 II des Strafvollzugsgesetzes in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sch1eswig-Holstein. Er kann sowohl von dem Häftling als auch von Personen außerhalb des Gefängnisses eingelegt werden, die durch die Maßnahme betroffen werden. Der Widerspruch ist innerhalb von ein bzw. zwei Wochen (je nach Bundesland) nach Bekanntgabe der anzufechtenden Entscheidung einzulegen, und zwar bei der Stelle, die die Maßnahme verhängt hat. Es fallen Verwaltungsgebühren an, die um die 50,00 Euro betragen können.
- Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 ff. des Strafvollzugsgesetzes ist in den unter 2) genannten Bundesländern das richtige Rechtsmittel gegen alle ablehnenden Entscheidungen über einen Widerspruch. Er kann sowohl vom Häftling als auch von Personen außerhalb des Gefängnisses, die von der Maßnahme betroffen worden sind, eingelegt werden. Er ist innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Widerspruchsbescheides bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichtes,
in dem die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat, einzulegen. In den übrigen Bundesländern ist sofort der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ohne vorherigen Widerspruch einzulegen. - Die Rechtsbeschwerde gemäß § 116 des Strafvollzugsgesetzes ist das richtige Rechtsmittel gegen alle ablehnenden Entscheidungen des Landgerichtes. Sie ist innerhalb eines Monates nach der Zustellung der Ablehnung bei dem Landgericht einzulegen, das die ablehnende Entscheidung gefällt hat. Sie kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Es fallen Gerichtsund Anwaltsgebühren von etwa 250,00 Euro an.
- Die Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 90 ff. BVerfGG ist das richtige Rechtsmittel gegen alle ablehnenden Entscheidungen nach der Rechtsbeschwerde. Sie ist beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einzulegen, und zwar innerhalb eines Monats nach Zustellung des ablehnenden Beschlusses. Es fallen keine Gerichtskosten an.
Da in den verschiedenen Bundesländern teilweise unterschiedliche Regelungen gelten, erkundigen Sie sich bitte, welche genauen Bestimmungen in Ihrem Bundesland gelten. Da außerdem der überwiegende Anteil der Anträge auf gerichtliche Entscheidung nicht erfolgreich ist, und da ein nicht erfolgreicher Antrag auf gerichtliche Entscheidung Kosten verursacht, ist es sinnvoll, vor der Einlegung von Rechtsmitteln einen Rechtsanwalt über die Erfolgsaussichten zu befragen.
Beispiel für einen Widerspruch gemäß § 109 StVollzG
Bürgerinitiative „Ein Herz für Dich“
c/o Mäxchen Treuherz
(Anschrift mit Telefon- und Faxnummer)
(Datum)
An das
Justizvollzugsanstalt Hintertupfingen
(Anschrift)
Sehr geehrter Herr Anstaltsleiter …!
Gegen Ihre Anhalteverfügung vom 25.03.2000, Aktenzeichen ..., meinen Brief an meine Schwester Grete Treuherz vom 01.04.1996 betreffend, lege ich hiermit Widerspruch ein und beantrage, den Brief an meine Schwester weiterzuleiten.
Begründung:
Das Anhalten des Briefes verstößt gegen mein Recht auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG und ist von § 28 des Strafvollzugsgesetzes nicht gedeckt.
In dem Brief sind zwar Beleidigungen gegen die Gefängnisaufseher enthalten, indem ich sie als „Pappnasen und Pisser” bezeichne. Da der Brief aber an meine Schwester, also eine nahe Verwandte gerichtet ist, handelt es sich nicht um eine öffentlich kundgetane Beleidigung, der Brief muß befördert werden (siehe hierzu OLG Frankfurt/Main StV 1994, 442).
Mit freundlichem Gruß
(eigenhändige Unterschrift)
Beispiel für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StrVollzG
Bürgerinitiative „Ein Herz für Dich“
c/o Mäxchen Treuherz
(Anschrift mit Telefon- und Faxnummer)
An das (Datum)
Landgericht Obertupfingen
(Anschrift)
Sehr geehrte Damen und Herren!
Hiermit stelle ich den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StrVollzG gegen
1) die Anhalteverfügung der Justizvollzugsanstalt Hintertupfingen, Gefängnisweg 1, 12345 Hintertupfingen vom 01.04.1996, Az. …, meinen Brief an meine Schwester Grete Mutig vom 25.03.1996 betreffend,
2) den Widerspruch der Justizvollzugsanstalt Hintertupfingen vom ..., Az. ... und beantrage, die beiden Entscheidungen abzuändern und die Anstaltsleitung zu verpflichten, meinen Brief an meine Schwester Grete Mutig vom 23.03.1996 weiterzuleiten.
Begründung:
Das Anhalten des Briefes verstößt gegen mein Recht auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG und ist von § 28 des Strafvollzugsgesetzes nicht gedeckt.
In dem Brief sind zwar Beleidigungen gegen die Gefängnisaufseher enthalten, indem ich sie als „Pappnasen und Pisser” bezeichne. Da der Brief aber an meine Schwester, also eine nahe Verwandte gerichtet ist, handelt es sich nicht um eine öffentlich kundgetane Beleidigung, der Brief muß befördert werden (siehe hierzu OLG Frankfurt/Main StV 1994, 442).
(Außerdem gehen Sie sinnvollerweise auf die Argumente der Justizvollzugsanstalt ein und widerlegen diese).
Mit freundlichem Gruß
(eigenhändige Unterschrift)
Beispiel für eine Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 BVerfGG
Bürgerinitiative „Ein Herz für Dich“
c/o Mäxchen Treuherz
(Anschrift mit Telefon- und Faxnummer)
(Datum)
An das
Bundesverfassungsgericht Schloßbezirk 3
76131 Karlsruhe
Verfassungsbeschwerde des Herrn Mäxchen Treuherz (Anschrift).
Hiermit lege ich Verfassungsbeschwerde ein gegen
1) die Anhalteverfügung der Justizvollzugsanstalt Hintertupfingen vom 01.04.1996, Az. ...,
2) den Widerspruchsbescheid der Justizvollzugsanstalt Hintertupfingen vom ..., Az. ...,
3) den Beschluß des Landgerichtes Neustadt vom ..., Az. ..., 4) den Beschluß des OLG Neustadt vom ..., Az. ...
und beantrage
die Entscheidungen aufzuheben und festzustellen, daß die genannten Entscheidungen rechtswidrig sind und mich in meinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 I GG verletzen.
Begründung: Das Anhalten des Briefes verstößt gegen mein Recht auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG und ist von § 28 des Strafvollzugsgesetzes nicht gedeckt.
In dem Brief sind zwar Beleidigungen gegen die Gefängnisaufseher enthalten, indem ich sie als „Pappnasen und Pisser” bezeichne. Da der Brief aber an meine Schwester, also eine nahe Verwandte gerichtet ist, handelt es sich nicht um eine öffentlich kundgetane Beleidigung, der Brief muß befördert werden (siehe hierzu OLG Frankfurt/Main StV 1994, 442).
(Außerdem gehen Sie sinnvollerweise auf die Argumente der Justizvollzugsanstalt ein und widerlegen diese).
Mit freundlichem Gruß (eigenhändige Unterschrift)