Welche Nachrichten aus dem Privatleben einer Person darf man veröffentlichen und welche nicht (§ 823 BGB)?

Wenn die Medien über jemanden Nachrichten ohne dessen Einwilligung bekanntgeben, die zwar wahr sind, aber aus seinem Privatleben stammen, kann er in den folgenden Rechten verletzt sein:

  • in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß § 823 I BGB,
  • in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art 2 I GG.

Bei der Frage, welche Daten aus dem Privatleben eines Menschen in den Medien veröffentlicht werden dürfen, hat eine Abwägung zwischen den Belangen der Öffentlichkeit und den Belangen des Betroffenen auf ein ungestörtes Privatleben anhand der folgenden Abstufung von fünf Sphären menschlichen Handelns und Lebens stattzufinden:

Die Intimsphäre eines Menschen betrifft alle Tatsachen, die sich auf körperliche Besonderheiten, insbesondere auf sein Sexualleben, beziehen. Daten aus der Intimsphäre sind vor Eingriffen und Veröffentlichungen grundsätzlich geschützt.

Die Geheimsphäre eines Menschen betrifft alle Lebensäußerungen, deren Geheimhaltung entweder gesetzlich geschützt sind oder die ihrer Natur nach geheimhaltungsbedürftig sind. Hierzu gehören z.B.

  • das durch § 201 StGB geschützte, nicht-öffentliche Wort eines Menschen,
  • die durch § 202 StGB geschützten, verschlossenen Schriftstücke, also z.B. Tagebücher und Briefe, eines Menschen,
  • die durch § 202a StGB geschützten elektronisch gespeicherten Daten über einen Menschen,
  • die durch § 203 StGB geschützten Berufsgeheimnisse, z.B. der Ärzte, Rechtsanwälte u.a.

Bei der Veröffentlichung von Daten aus der Geheimsphäre eines Menschen hat eine Güterabwägung gemäß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu erfolgen. Nachrichten aus der Geheimsphäre dürfen nur dann veröffentlicht werden, wenn dies erforderlich und es das mildeste Mittel ist, um eine anderes, schutzwürdigereres Rechtsgut vor Schaden zu bewahren.

Die Privatsphäre eines Menschen betrifft alle Lebensäußerungen außerhalb der Intim- und Geheimsphäre, die gegen Einblicke von außen abgeschirmt sind. Hierzu gehören z.B.

  • der häusliche Bereich,
  • Daten über familiäre Angelegenheiten,
  • Mitgliedschaften.

Eine Veröffentlichung von Daten aus der Privatsphäre darf nur erfolgen, wenn ein ernsthaftes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an ihrer Bekanntgabe vorliegt.

Die Sozialsphäre eines Menschen betrifft alle Umstände, die von anderen ohne weiteres wahrgenommen werden können, ohne daß der Betroffenen sich bewußt der Öffentlichkeit zuwendet. Hierzu gehören z.B.

  • die Teilnahme am Straßenverkehr,
  • der Besuch öffentlicher Veranstaltungen,
  • die berufliche Tätigkeit.

Daten aus der Sozialsphäre dürfen grundsätzlich veröffentlicht werden. Sie dürfen nur dann nicht veröffentlicht werden, wenn dies zu einer konkreten erheblichen Gefährdung für Leib und Leben des Betroffenen führen würde.

Die Öffentlichkeitssphäre eines Menschen betrifft alle Lebensäußerungen, mit denen sich jemand bewußt an die Öffentlichkeit wendet. Hierzu gehören z.B.

  • das Absenden eines Leserbriefes,
  • das Halten einer öffentlichen Rede,
  • die Beteiligung an einer Demonstration.

Die Veröffentlichung von Daten aus der Öffentlichkeitssphäre eines Menschen ist grundsätzlich erlaubt.

Die Rechtsprechung hat u.a. die folgenden Veröffentlichungen als rechtswidrige Eingriffe in das Privatleben angesehen, – unterlassen Sie daher derartige Veröffentlichungen:

  • die Behauptung, ein anderer sei an Aids erkrankt (OLG Hamburg, Urteil vom 16.04.1987, Az. 3 U 210/86, zu finden in AfP 1987, 703 ff.),
  • die Veröffentlichung von privaten Briefen oder privaten Aufzeichnungen (BGH, Urteil vom 25.05.1954, Az. I ZR 211/53, zu finden in BGHZ 13, 334 ff.),
  • die Veröffentlichung einer Tonbandaufzeichnung (BGH, Urteil vom 10.03.1987, Az. VI ZR 244/85, zu finden in NJW 1987, 2667 ff.),
  • die Wiedergabe unrichtiger, verfälschender oder entstellender Zitate (BVerfG, Beschluß vom 03.06.1980, Az. 1 BvR 797/78, zu finden in NJW 1980, 2072 f.),
  • die Veröffentlichung eines erdichteten Interviews (BGH, Urteil vom 08.12.1964, Az. VI ZR 201/63, zu finden in NJW 1965, 685 f.),
  • die Veröffentlichung der Vermögensverhältnisse einer Person (LG Berlin, Urteil vom 24.06.1993, Az. 27 O 225/93, zu finden in AfP 1994, 324 ff.),
  • die Veröffentlichung des Namens und der Privatanschrift einer Person (OLG Köln, Urteil vom 29.11.1977, Az. 15 U 155/77, zu finden in AfP 1978, 148 f. und LG Köln, Beschluß vom 14.07.1993, Az. 28 O 391/93, und LG Hamburg, Urteil vom 15.10.1993, Az. 324 O 622/93, und LG Hamburg, Urteil vom 29.09.1995, Az. 324 O 387/95, zu finden in AfP 1996, 185 f.),
  • die Veröffentlichung des Vornamens, des Anfangsbuchstabens des Nachnamens, des Wohnortes und des Berufes einer Person, so daß diese identifiziert werden kann (BGH, Urteil vom 05.03.1963, Az. VI ZR 61/62, zu finden in NJW 1963, 904 f.),
  • die Veröffentlichung des Zunamens und des Bildes des Vaters einer Person, so daß diese identifiziert werden kann (BVerfG, Beschluß vom 14.04.1989, Az. 1 BvR 1235/85, zu finden in NJW 1990, 1980),
  • die Veröffentlichung des Namens einer Person zu Werbezwecken (BGH, Urteil vom 18.03.1959, Az. IV ZR 182/58, zu finden in NJW 1959, 1269 ff.),
  • die Schilderung der familiären Verhältnisse einer namentlich genannten Person (OLG Köln, Urteil vom 22.05.1973, Az. 16 U 219/72, zu finden in AfP 1973, 479 ff.),
  • die Schilderung eines Besuches in der Privatwohnung eines Presseopfers (BGH, Urteil vom 20.01.1981, Az. VI ZR 163/79, zu finden in NJW 1981, 1366 ff.),
  • die Veröffentlichung von Filmaufnahmen, die in der Wohnung gegen den Willen des Wohnungsinhabers gemacht wurden, (OLG München, Urteil vom 30.10.1991, Az. 21 U 4699/91, zu finden in AfP 1992, 78 ff.),
  • die Demonstration gegen eine Person innerhalb einer Zone von 500 Metern um die Privatwohnung der Person herum (VGH Kassel, Beschluß vom 07.12.1993, Az. 3 TG 2347/93, zu finden in NJW 1994, 1750 f.),
  • die Veröffentlichung von Daten, die sich jemand durch Täuschung in der Absicht verschafft hat, sie gegen den Getäuschten zu verwenden, – im entschiedenen Falle hatte sich ein Journalist mit falschem Namen bei einer Zeitung eingeschlichen und dann ein „Enthüllungsbuch“ geschrieben (BVerfG, Beschluß vom 25.01.1984, Az. 1 BvR 272/81, zu finden in NJW 1984, 1741 ff.),
  • die Äußerung des Verdachts der Bundesbeauftragten,  der Fraktionschef einer bundesweit agierenden, linksgerichteten Partei habe mit der Stasi zusammengearbeitet (OLG Hamburg, Beschluß vom 31.07.2008, Az. W 73/08, zu finden in AfP 2008, 627),
  • die Veröffentlichung des Namens und Fotos einer linksgerichteten Person im Internet durch eine rechtsgerichtete Person, um dessen politische Gesinnung anzuprangern und der Verfolgung durch seine politischen Gegner preiszugeben (Thüringer OLG, Beschluß vom 16.08.2000, Az. 3 K 486/00),
  • die Verweisung (Link) einer rechtsgerichteten Internet-Seite zu der Internet-Seite der Zeitschrift „Focus“ bzw. zur Deutschen Bundesbahn (LG München I, Beschluß vom 27.12.2000, Az. 7 O 22217/00 und LG Berlin, Beschluß vom 22.12.2000, Az. 15 O 742/00),
  • die Abbildung des Markennamens „Opel“ auf einem Wahlplakat der NPD (LG Düsseldorf, Urteil vom 01.06.2005, Az. 2a O 146/05).

Es ist streitig, ob die folgende Handlung eine Verletzung des Privatlebens darstellt oder nicht,– unterlassen Sie daher sicherheitshalber die folgenden Veröffentlichungen:

  • die Veröffentlichung eines heimlich abgehörten und aufgezeichneten Telefongespräches,
  • die Veröffentlichung über ein Strafverfahren oder über eine Vorstrafe.

Die Rechtsprechung hat dagegen die folgenden Veröffentlichungen als erlaubt angesehen:

  • die Veröffentlichung der ehebrecherischen Beziehungen eines Verlegers, wenn sich dieser in seiner Zeitung als „Moralist“ betätigt und politische Gegner mit dem Vorwurf sittlicher Verfehlungen angegriffen hatte (BGH, Urteil vom 05.05.1964, Az. VI ZR 64/63, zu finden in NJW 1964, 1471 f.),
  • die Veröffentlichung des Namens eines Verfassungsschutzbeamtens im Zusammenhang mit einem umstrittenen Vorhaben des Verfassungsschutzes, das sogar zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß geführt hatte (OLG Celle, Beschluß vom 09.09.1988, Az. 13 W 135/88, zu finden in AfP 1989, 575 f.),
  • die Behauptung im Wahlkampf, das ehemalige SPD-Mitglied Wilhelm Kaisen  bzw. das ehemalige SPD-Mitglied Friedrich Ebert würden heute die rechtsgerichtete, aber nicht verbotene Partei DVU wählen (BVerfG, Beschluß vom 05.04.2001, Az. 1 BvR 932/94, zu finden in NJW 2001, 2957 = DVBl 2001, 985 und OLG Bremen, Urteil vom 20.08.1992, Az. 2 U 24/92, zu finden in NJW-RR 1993, 726),
  • die Nennung der NPD in einem Leitfaden „Kommunen gegen Rechtsextremismus“ (RhPfVerfGH, Urteil vom 27.11.2007, Az. VGH A 22/07, VGH O 27/07, zu finden in NVwZ 2008, 897),
  • die Veröffentlichung des Namens und Fotos einer rechtsgerichteten Person im Internet durch eine linksgerichtete Person, um im Rahmen des „Kampfes gegen Rechts“ dessen politische Gesinnung anzuprangern und der Verfolgung durch seine politischen Gegner preiszugeben (OLG Braunschweig, Beschluß vom 18.10.2000, Az. 2 W 241-242/00, zu finden in NJW 2001, 360).

 

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